Prospekte nicht und nicht Maschinen.
Gebraucht das groß‘ und kleine Himmelslicht,
Die Sterne dürfet ihr verschwenden;
An Wasser, Feuer, Felsenwänden,
An Tier und Vögeln fehlt es nicht.
So schreitet in dem engen Bretterhaus
Den ganzen Kreis der Schöpfung aus,
Und wandelt mit bedächt’ger Schnelle
Vom Himmel durch die Welt zur Hölle.“
Der Theaterdirektor, Goethe, Faust I
Der Ort der Handlung: Ein Kulturtreff in einer kleinen Stadt, eine Bibliothek, ein Ort der Bücher, der Gedanken, der Phantasie, der Träume und Reisen. Der Vorstellung. Zwölf Darsteller nehmen Sie in verschiedenen Rollen durch ihr Spiel auf eine Reise mit.
– Die Irrfahrten des Perikles –
Shakespeare verzichtet in seinem 1608 uraufgeführten Stück auf die klassische Dramaturgie der Einheit von Ort, Raum und Zeit. Die aufeinanderfolgenden Szenen umspielen einen Zeitraum von ca. 15 Jahren. Das Stück basiert auf einer 2000 Jahre alten hellenistischen Erzählung des Apollonius von Tyrus, die der englische Dichter John Gower (1330 – 1408) in seiner Novellensammlung Confessio Amantis neu verfasst hatte.
Perikles folgt im Wesentlichen dieser Erzählung. Diesen Gower lässt Shakespeare im Stück als Erzähler und Spielleiter auftreten. In acht Chorussen führt er uns humorvoll, ironisch, sarkastisch, so ordnend durch die verworrene Geschichte; im historisch gereimten Tetrameter, nicht im Blankvers des übrigen Textes. Also als Blick aus der Vergangenheit – wissend, dass sie vielleicht noch gar nicht vorüber ist – in unsere ach so viel klügere Gegenwart.
„Zu singen eins der alten Lieder
kehrt Gower aus der Asche wieder
zurück in menschliche Gebrechlichkeit
dass er Euch Aug‘ und Ohr erfreut …“
So führt er uns also durch Zeiten und Räume unserer Phantasie-Vorstellung. Es geht um Themen wie Hungersnot, Eigennutz, Entführung, Mordanschläge, Menschenhandel und Ausbeutung. Besonders aber als roter Faden um Inzest. Immer wieder Väter und Töchter: Der verbrecherische Antiochus mit seiner Tochter, der gute König Simonides mit seiner Tochter Thaïsa, der gelehrte Wunderheiler Cerimon mit seiner Tochter, und nicht zuletzt Perikles mit seiner und Thaïsas Tochter Marina. Überall taucht zumindest die Nähe des Inzests auf. Auch das Christentum heiligt Maria als Mutter Gottes, die an der Zeugung ihres eigenen Vaters – Gott als Vater der Menschen – beteiligt ist. Bei Perikles heißt es (Perikles zu Marina): „Die du ihn zeugst, der dich gezeugt hat“ und „bist neues Leben für deinen Vater Perikles“.
All dem begegnen wir in unserem Schau-Spiel. Also unserer Vorstellung. Liebe auf den ersten Blick und tödlichem Hass, schmerzhafter Trauer und tiefer Melancholie, Wiedergeburt und Erlösung. Und der Göttin Diana, die beschützend und selbst eingreifend unser Spiel begleitet. Lassen Sie sich Ver-Führen und hoffentlich eine gute und etwas beglückende Reise erleben. Im Kulturtreff.
Michael Abendroth
PS: Gower spricht von einem alten Lied, das man sang zur „Kirchweih und Fastenzeit“. In englisch nimmt Shakespeare den alten Begriff „holy-ales“, zu deutsch: „volksfestartige Ereignisse mit Bier zu gutem Zweck“. Hier gibt es eine charmante Verbindung des Stückes zu einem alle drei Jahre stattfindendem Ereignis in dieser, unserer Stadt.
Samstag, 21. Oktober 2023, 19:30 Uhr
Sonntag, 22. Oktober 2023, 19:30 Uhr
Freitag, 27. Oktober 2023, 19:30 Uhr
Samstag, 28. Oktober 2023, 19:30 Uhr
Sonntag, 29. Oktober 2023, 19:30 Uhr
im Kulturtreff Altdorf
(Baudergraben 1, 90518 Altdorf)
Kartenverkauf ab 07.10.2023 in der Buchhandlung "Lilliput", Obere Wehd 7, unter 09187/902760 und an der Abendkasse
Eintritt: 15,00 Euro
Freie Platzwahl
Einlass: 19:00 Uhr
Gower, ein englischer Dichter | Ernst Bergmann |
Sein Helfer | Herbert Creutz |
Perikles, Fürst von Tyrus | Udo Gerstacker |
Thaisa, Tochter des Simonides | Nikola Hinney |
Marina, Tocher der Thaisa und des Perikles | Nikola Hinney |
Diana, eine Göttin | Julia Alexander |
Die drei | Josefin Weinert, Eleonore Schön, Karin Völkl |
Antiochus, König von Antiochien | Wolfgang Völkl |
Tochter des Antiochus | Nikola Hinney |
Thaliard, ein gedungener Mörder | Ernst Bergmann |
Helicanus, ein alter Ratsherr | Richard Winter |
Escanes, ein Ratsherr | Herbert Creutz |
Cleon, Statthalter von Tarsus | Oliver Reinhardt |
Dionyza, Gattin des Cleon | Ilse Winter |
Leonin, ein gedungener Mörder | Herbert Creutz |
Simonides, König von Pentapolis | Julia Alexander |
Cerimon | Wolfgang Völkl |
Philomena, seine Tochter | Josefin Weinert |
Lysimachus, Regent von Mytilene | Oliver Reinhardt |
Madame | Karin Völkl |
Strietzi, ein Zuhälter | Eleonore Schön |
Schwengel, ein Kunde | Wolfgang Völkl |
Inszenierung und Bearbeitung: Michael Abendroth
Maske und Soufflage: Sonja Steinbinder
Musikalische Leitung: Wolfgang Völkl
Technik: Herbert Beck, Josef Steinbinder, Christian Link
Grafik-Design: Herbert Creutz